(de) FAU, direkte aktion: WARUM STADTTEILARBEIT SYNDIKALISTISCHE PRAXIS IST Von: Steff Brenner
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Mi Dez 23 09:25:06 CET 2020
Warum die syndikalistische Gewerkschaftsbewegung solidarische Kieze braucht - ein
Beitrag aus dem syndikalistischen Taschenkalender. ---- Betrieb & Gesellschaft -
Syndikalistische Bewegungen wollen einerseits im Hier und Jetzt die Lage der
Lohnabhängigen innerhalb der begrenzten, vorhandenen Möglichkeiten verbessern.
Gleichzeitig wollen sie aber auch immer strategische Siege erringen und ihre
Strukturen ausbauen, um eine Gesellschaft in Bedarfswirtschaft und
Selbstverwaltung, d.h. ohne Staat und Warenwert zu ermöglichen. ---- Aus diesem
Grund muss syndikalistische Praxis perspektivisch auch mehr heißen als "nur" in
der betrieblichen Sphäre zu organisieren, zu kämpfen und eine Umgestaltung zu
planen. Es geht immer darum, Konzepte und Handlungsmacht in allen
gesellschaftlichen Bereichen zu entfalten, aber eben auch die Lohnabhängigen in
allen Bereichen des proletarischen Alltags zu unterstützen.
In der FAU, als größtem syndikalistischen Gewerkschaftsbund Deutschlands (neben
IWW, GG/BO und unter_bau), sprechen sich aktuell die meisten Syndikate dafür aus,
im betrieblichen Bereich zunächst mehr Strukturen zu festigen und auszubauen,
bevor an den Aufbau weiterer Sektoren gegangen wird. Das ist verständlich,
vielleicht aber nicht für jedes Syndikat der beste Weg, in jedem Fall aber kein
Grund, keinen Blick in eine potentielle Zukunft syndikalistischer Nachbarschafts-
und Stadtteilarbeit zu werfen.
SOLIDARISCHE MILIEUS SCHAFFEN - EINE VORBEDINGUNG FÜR SOZIALE KÄMPFE
Soziale Kämpfe entstehen nicht aus dem Nichts, unsere Ansätze solidarischer
Betriebsarbeit stranden dort, wo alle Kolleg_innen in einer "Jede_r gegen
jede_n"-Mentalität verharren. Vorraussetzung für jede organisierte
Solidaritätsstruktur sind daher Milieus, in denen solidarische Alltagskultur zum
Selbstverständnis wird und sich Vertrauen in die Selbsthilfe und die
Unterstützung der Klassengenoss_innen langfristig entwickelt.
Nachbarschaftsarbeit hat hier einiges zu bieten, weil sie in einer Arbeitswelt,
die von Flexibilisierung, Befristungen und Outsourcing geprägt ist, oft
langfristiger und großflächiger wirken kann. Solidarische Milieus lassen sich mit
relativ wenig Aufwand fördern: Der für alle offene Nachbarschaftsverteiler, der
als eine Mischung aus Veranstaltungskalender, virtueller Umsonstladen und
Newsseite fungiert (in Dresden Löbtau bspw. mit ca. 1000 Menschen, ca. 5% der
Einwohner_innen), die Signal-Gruppe zur Meldung von Straßenbahn-Kontrollen, das
Nachbarschaftscafé mit klarem Klassenstandpunkt (bspw. bevorzugt kollektive
Produkte, keine Festpreise, Spendenkasse, um Konsum für Menschen ohne Einkommen
zu ermöglichen, Mehrsprachigkeit). Alle diese Strukturen verändern schnell,
niedrigschwellig und praktisch den Alltag hunderter Lohnabhängiger im Stadtteil
und all diese Strukturen ermöglichen es auch, die Sichtbarkeit weiterer
syndikalistischer Strukturen zu erhöhen.
PLÄTZE UND HÄUSER: NEHMEN WIR SIE UNS!
Die Stärke sozialer Bewegungen ist nicht zu trennen von ihrer materiellen Stärke.
Dazu gehören auch Räume, Flächen, Gemüse- und Obstgärten, die die Lohnabhängigen
finanziell entlasten. Besetzungen sind eine praktische Form der direkten Aktion,
also dem direkten Schaffen von Tatsachen, der direkten Abhilfe eines Missstandes
durch eigenes Tätigwerden. Dieses Kernelement syndikalistischer Tätigkeit ist uns
in der Betriebsarbeit ob unserer organisatorischen Schwäche oft noch verwehrt,
als syndikalistische Organisationen haben wir Probleme darin Praxiserfahrungen zu
gewinnen. Besetzungen von Häusern und Gärten sind dabei oft schneller aber auch
konfliktfreier umzusetzen und werden teilweise auch weit außerhalb der sich
selbst als links verortenden Bevölkerung praktiziert. Oft sind
Eigentumsverhältnisse ungeklärt, oft reicht es schon gemeinsam ein paar
Arbeitseinsätze anzuschieben und damit Infrastruktur für viele Menschen zu
gewinnen. Unser Überblick über leerstehende Flächen und Gebäude, die rechtlichen
Hintergründe und ihre Nutzbarkeit sind dabei auch ein Schlüssel in unserer
Fähigkeit effektive Obdachlosenunterstützung zu leisten oder heiklere Mietkämpfe
zu führen, bei denen Mieter_innen auch gekündigt werden kann.
Politische Forderungen in diesem Zusammenhang könnten die Straffreiheit für Haus-
und Flächenbesetzungen sein, daneben Vorkaufsrechte für basisdemokratische,
unkommerzielle Nachbarschaftsinitiativen, wie sie bspw. das Solidaritätsnetzwerk
Dresden West innerhalb der Corona-Pandemie formulierte.
MIETEN: KÄMPFE KOLLEKTIV GESTALTEN, VERDRÄNGUNG STOPPEN
Ein naheliegender nächster Schritt wäre die Ausbildung von
Mieter_innengewerkschaften, wie sie in den USA oder Spanien schon länger Teil der
syndikalistischen Bewegung sind. In nicht wenigen Städten legen die
Arbeiter_innen ein Drittel oder mehr ihrer Einkünfte für die Wohnungsmiete hin,
Tendenz steigend. In vielen Städten ist dabei eine Konzentration des
Immobilienbestandes bei wenigen großen Unternehmen und ein beständig
https://direkteaktion.org/warum-stadtteilarbeit-syndikalistische-praxis-ist/
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